Page 30 - M Magazin für Mendig
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 Mendiger Anekdote
Dreijvierdelshär
antwortete der Bürgermeister: «Dreiviertel Herr reicht auch!»
Diesen 3⁄4 Herren wurde vor einigen Jahren ein Denkmal gesetzt.. Natürlich in Obermendig -am Kreisel in der Pellenzstrasse.
Ausser dem Dreijvierdelshär ist der Obermendiger Kreisel mit weiteren vier spektakulären Figuren bestückt: Der Obermennije Deckkopp, die Beller Jäß, der Thürer sompoarsch und der Löcher Pater. Geschaffen wurden die fünf Gestalten von den Mendigern Künstlern Dieter Heuft, Hans Loosen, Werner Geilen, und Gerd Müller.
Wie bei allen Legenden gibt es unterschiedlich überlieferte Versionen. Hier eine andere Variante:
Die Figur (die vom Obermendiger Kreisel) in Rich‐ tung Niedermendig schaut, verdankt ihren Spitz‐ namen dem Umstand, dass die Niedermendiger sich auf ihre 1950 erteilten Stadtrechte offensicht‐ lich sehr viel einbildeten und ihre Nase deshalb etwas höher trugen. Da ihr Outfit jedoch nicht ganz dem eines echten Herrn entsprach, sondern nur zu einem Dreiviertel (Hemd, Krawatte und Jackett) und der Rest in Arbeitshosen und gena‐ gelten Schuhen steckte, dachte man, dass Sie mehr „sein als schein“ wollten und gab ihnen daher den für Nicht-Mendiger kaum auszuspre‐ chenden Namen „Niedermennijer Dreijvie‐ delshär“.
  Zwischen den Niedermendigern und den Ober‐ mendigern gab es schon immer Zwist und Zank. Die meiste Zeit des Lebens schaffte man es aber, im Einklang mit den Gesetzmäßigkeiten zu leben.
Die Niedermendiger hielten sich immer für die besseren Mendiger, da sie durch den Abbau von Basalt zu erheblichem Reichtum gekommen waren. Ostersonntag wechselten sich die beiden Orte mit der Messe und der Kommunion ab.
Obermendig putzte sich extra heraus, um den Verwandten aus dem unteren Bezirk zu impo‐ nieren. Die Niedermendiger hingegen, ließen sich für diesen Tag extra Anzüge nach dem letzten Schrei schneidern. Sie hatten zwar keine Ahnung, was sie alles in die kleinen Taschen stecken sollte, und im Schritt und in den Achseln juckte es auch wie verrückt, doch wie hieß es im Volksmund so treffend: Wer schön sein will, muss leiden. So gingen denn am Weißen Sonntag die Familien von Nieder- nach Obermendig, in der Gewissheit Kultur von unten nach oben zu bringen. Die Frauen hatten sich ausgehend über den neusten Stand der Etikette informiert und ihre grob‐ schlächtigen Männer instruiert.
Kaum waren sie auf den Feierlichkeiten ange‐ kommen, da spürten sie die Nachteile der neusten Mode. Der Hemdkragen des Schmiedemeisters war dermaßen steif, dass der arme Mann nicht mehr den Kopf drehen konnte. Der Schuhmacher wollte auf seine Taschenuhr sehen, doch die Kette war zu beiden Seiten am Knopfloch eingehakt. Die hochglänzenden Schuhe des Bürgermeisters hatten ihm auf dem kurzen Stück erhebliche Blasen beschert, dass er wie auf rohen Eiern ging. Franz, der Grubenarbeiter, hatte sein Monokel fest ins Auge gedrückt, dass er auf dem ganzen Weg kein einziges Mal blinzeln konnte.
Zuerst waren die Obermendiger schwer beein‐ druckt von dem weltmännischen Gehabe ihrer unteren Nachbarn, doch diese konnten ihre Schmerzen kaum mehr verbergen.
Der erste lockerte sich mit dem Zeigefinger den Hemdkragen, der andere verfluchte im breitestes Dialekt seine nichtvorhandene Taschenuhr und der Bürgermeister setzte sich auf die Bank, trat sich die Schuhe von den Füßen und bekämpfte seine Fußschmerzen mit Dünnwalder Bier.
Ein Obermendiger Bauer stellte sich neben die Herren und bemerkt amüsiert, dass es gar nicht so einfach war, ein ganzer feiner Herr zu sein. Da
Die Geschichte vom Niedermenni- jer Dreijvierdels- här“ wurde von dem Buchautor und Heimatfor- scher Wolfgang Süß aus Nieder- mendig zur Verfügung gestellt. Bild: Dietmar Groß.
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