Es geht um das Baugebiet Martinswald. Bekanntlich hat der Bauausschuss am Donnerstag in einer schrecklich mechanisch erscheinenden Abstimmung 25 Einzelbeschlüsse nach dem Motto 9 gegen Retterath durchgepeitscht. Die etwa 70-80 Teilnehmer an der Bauausschusssitzung waren entsetzt, wie absurd da vorgegangen wurde. Bei 25 Einzelbeschlüssen und bei einem so umstrittenen Baugebiet ist eigentlich zu erwarten, dass da unterschiedliche Abstimmungsergebnisse herauskommen. Diese Einheitsabstimmung war ja nur möglich, weil man die eigentlich öffentlich abzuhaltende Diskussion über die Beschlüsse in die nichtöffentlichen Hinterzimmern der Fraktionssitzungen verlagert hat. Schon ein gravierender Vorgang, wenn so die von der Landesregierung propagierte Transparenz ausgehöhlt wird und es war ein gigantisches Eigentor, was die beiden großen Fraktionen da geschossen haben. Ich glaube schon, dass die Bauaussschussmitglieder viel Zeit investiert haben, um die Unterlagen zu studieren und zu einer Entscheidung zu kommen. Dieser ehrenamtliche Aufwand kann eigentlich nicht hoch genug geschätzt werden – aber durch solche bürgerfeindliche Abstimmrituale wird diese Arbeit von den Leuten konterkariert, die sich viel Mühe gemacht haben. Eigenartig, wie man seine gute Leistung so kaputt machen kann.

Unsere Kritik hat gewirkt

Wir haben an diesem Abstimmungsvorgang mit Unterstützung vieler Bürger und Bürgerinnen öffentlich und heftig Kritik geübt. Wir scheinen da aber einen wunden Punkt getroffen zu haben. Es haben sich viele Stadträte über die Kritik geärgert und sich empört, aber unsere Aktionen haben in der Tat zur Einsicht geführt, dass man das Trauerspiel der Abstimmung im Bauausschuss in der Stadtratssitzung nicht mehr wiederholen kann. Man hätte sich ja abermals vor den wiederum zahlreich (ca 80) zur Stadtratssitzung erschienenen Bürger bis auf die Knochen blamiert und das angesichts der Presse. Man hat tatsächlich umgedacht. Möglicherweise wollte man damit auf die Bürger zugehen. Der Stadtrat kam auf die Idee, über die 25 Einzelbeschlüsse en bloc abzustimmen. Alle 25 sehr unterschiedliche Einzelbeschlüsse  wurden in einem gemeinsamen Beschluss, so wie der Investor es wollte, gegen die Grünen-Stimmen beschlossen.

Damit hat man das Richtige richtig falsch gemacht.

Der Öffentlichkeit hat man durch diese Vorgehensweise die letzte Chance abgenommen, zu verstehen, worum es bei den 25 Beschlüssen im einzelnen ging. Es war nichts anderes als wie man aus Äpfeln und Birnen ein gemeinsames Mus macht. Wie kann man eigentlich Beschlüsse über die Einleitung von Schmutz- und Regenwasser in die Kanalisation mit einem Beschluss über den Verkehr zusammenfassen?

Da eigentlich bei dem Baugebiet kein Zeitdruck herrscht, wäre eine Denkpause von 4 Wochen sinnvoll gewesen.

Wo liegt der Systemfehler?

In den letzten Tagen hat man gegen die Kritik, dass die Beschlüsse mangelhaft oder gar nicht diskutiert worden sind, vorgebracht, dass man sehr wohl in den Fraktionssitzungen das ganze ausführlich beraten hätte. Im Grunde mag es auch sinnvoll sein, in Fraktionssitzungen solche komplexen Themen vorzuberaten. Der Systemfehler dabei ist, dass diese Fraktionssitzungen der beiden großen Fraktionen nichtöffentlich sind. Somit wird die Debatte, bei der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist, dieser entzogen. Es wird das Öffentliche nichtöffentlich gemacht und der Bürger ausgeschlossen.

Geheimrat statt Stadtrat

Mit dieser Vorgehensweise provoziert man sofort Vorwürfe wie Hinterzimmerpolitik, Geheimrat statt Stadtrat, Kungelei etc. Dabei ist es noch nichteinmal von Interesse, ob diese Vorwürfe zutreffen oder nicht. Man kann ja auch hinter verschlossenen Türen korrekt und intensiv sich mit den Problemen auseinandersetzen – allerdings reden und beschliessen da auch unkontrolliert befangene Stadträte mit! Aber es schafft kein Vertrauen, wenn der Bürger in einer öffentlichen Sitzung feststellt, dass alles schon geklärt ist und die Beschlüsse in der öffentlichen Sitzung zur Farce werden. Man darf sich da nicht wundern, wenn die Leute dann von abgekartet sprechen. Diese Vorgehensweise schafft nur unnötig Misstrauen und schadet der Demokratie.

Transparenz ist das Gebot der Stunde

Nur hat sich seit einigen Jahren in der Politik etwas entscheidendes geändert: Die Landespolitik will ein Höchstmass an Transparenz in der Kommunalpolitik. Transparenz ist ein Kernbestandteil von Demokratie. Deswegen führt kein Weg vorbei, die Fraktionssitzungen öffentlich zu machen. Transparenz ist unangenehm, aber unabdingbar. Vielleicht findet die Stadtpolitik auf dieser Basis neue Wege, den Bürger wieder in die politische Diskussion zu integrieren.

Zum weiteren Verlauf der Sitzung

gibt es nicht viel zu berichten. Vielleicht, dass ein Sprecher der CDU-Fraktion auf die Wohnungsnot in Deutschland hingewiesen hat und dass wir nach der Ansicht dieser Fraktion deswegen in Mendig neue Wohngebiete brauchen.

Es ist sicher richtig, dass in Mendig eine starke Nachfrage nach Wohnraum und Baugrundstücken besteht. Das muss man aber differenziert betrachten. Die teuren Häuser im Martinswald tragen nichts zur Deckung des Bedarfs bei. Diese Häuser werden lt. Unterlagen des Investors für gut situierte, gleichgesinnte Bewohner gebaut. In dem Segment gibts keine Wohnungsnot. Die Bedarfslücke im Mendiger Wohnungsbau liegt in dem Segment „preiswertes Bauen für Familien mit Kindern“. Stadtnahe bezahlbare Wohnungen und Häusern mit Kinderzimmern,  Mehrgenerationshäuser – das fehlt hier. Neue Baugebiete sollten so gestaltet sein, dass sie diese Bedürfnisse abdecken und naturverträglich sind.

Die Stadt Mendig reisst zurzeit in der Vulkanstrasse die 16 veralteten Schlichtwohnungen ab. Dafür werden 24 zeitgemäße Wohnungen gebaut. Das entspannt den Wohnungsmarkt etwas. ES ist positiv, dass die Stadt das Projekt als Bauherr umsetzt.. Die CDU hat in der Ratssitzung, wo das beschlossen wurde, nämlich gefordert, dass das Projekt von einem Investor abgewickelt wird. Dann wäre es nur teurer geworden. Und die Leute, die bisher in den Schlichtwohnungen gewohnt haben, könnten dann die Miete nicht bezahlen.