Ein Riesenprogramm: 8 Tagesordnungspunkte, darunter 2 Baugebiete. 161 Seiten Sitzungsunterlagen. Die Sitzungsunterlagen zum Baugebiet Martinsheim mit 84 Seiten und für das Baugebiet „Zwischen Vulkanstrasse und Aktienweg“ 73 Seiten. Die Unterlagen zu dem Baugebiet Martinsheim sind erst seit 14.12.2018 verfügbar – für die Stadtratsmitglieder viel Arbeit beim Durcharbeiten dieser komplexen Texte. Selten hat ein Baugebiet so polarisiert und soviel Kritik am Stadtrat ausgelöst. Jetzt soll die zweite Offenlegung am 18.12. beschlossen werden. Die Stadträte haben 4 Tage Zeit, sich in die komplexen 84 Seiten Beschlussvorlagen einzulesen.

Sie können die Sitzungsunterlagen im Bürgerinfosystem der VG Mendig einzeln herunterladen. Um es Ihnen einfacher zu machen, können Sie die Unterlagen in einer Zip-Datei hier auf einmal herunterladen: Download Unterlagen Baugebiet Martinswald Der Link ist bis 10. Februar valide.

Nachfolgend eine teilweise kommentierte Zusammenfassung der Textfestsetzungen und Begründung des Bebauungsplans. Es handelt sich hier um eine Ausarbeitung, der ein erstes, oberflächliches Lesen zugrunde liegt. Daher behalten wir uns Korrekturen vor und freuen uns auf jeden Hinweis.

Was ist mit dem Baugebiet Verlängerung Eichenweg/Sonnenhang?

Im Frühjahr 2017 wurde gleichzeitig die erste Offenlegung des Baugebiets Martinsheim und des Baugebiets Verlängerung Eichenweg/Sonnenhang beschlossen. Diesesmal gibt es nur den Beschlussantrag Martinsheim. Hintergründe sind nicht bekannt. Auf Seite 43 weist das Planungsbüro auf zu beachtende Kumulationswirkungen hingewiesen, die eine gemeinsame Betrachtung beider Baugebiete verlangen. Das Baugebiet Martinsheim wird mit 21 Häusern (vorher 38) geplant. Mit der Erweiterung Eichenweg/Sonnenhang sollen nochmals 25 Häuser dazukommen.

Weiterhin befindet sich in den Unterlagen, die dem Baugebiet Martinsheim zugrunde liegen, allerdings auch eine von der Stadt Mendig in Auftrag gegebene Verkehrsabschätzung für das Baugebiet „Verlängerung Eichenweg“. Da der Verkehr aus dem Bereich Martinsheim durch das Baugebiet Sonnenhang/Eichenweg geleitet wird, ist das Verkehrsaufkommen beider Baugebiete zusammen zu betrachten.

Das Baugebiet Martinsheim in Stichworten

  • Bauliche Nutzung: Allgemeines Wohngebiet, max. 2 Vollgeschosse, Grundflächenzahl 0,35, Geschossflächenanzahl max. 0,7. Die Grundflächenzahl kann bis zu 50% überschritten werden.
  • Höhe baulicher Anlagen: Bergseitig von der Strasse max 9,5 m; talseitig der Straße 6,5 m.
  • Bauweise: Nur Einzelhäuser. Gebäudefront zur Staße max. 15 m.
  • Gestaltung: Keine Staffelgeschosse zulässig. Dachneigung 15°-35°. Dacheindeckung schieferfarben. Einfriedungen (Mauern, geschlossene Zäune max 1 m

Kurze Beschreibung des geplanten Baugebiets

Gegenüber der ersten Offenlegung wurde die Größe des geplanten Gebietes erheblich verringert, um die Größenfestsetzungen des §13b BauGB zu erfüllen. Der westliche Laubwald wurde praktisch komplett uas der Planung herausgenommen. Das Plangebiet ist jetzt 2,77 ha groß; davon sind 1,17 ha allgemeines Wohngebiet, 0,81 ha verbleiben als Wald, der Rest sind Grünflächen, Strassen, Versickerungsbecken. Es sind 21 Grundstücke vorgesehen.

Wieviel Wald wird dauerhaft gerodet?

Dauerhaft gerodet wird eine Waldfläche von ca. 9.670 qm, also knapp ein Hektar. In der ersten Planung war die Roungsfläche noch ca. 3,9 ha. Das Rodungsgebiet ist im wesentlichen mit Douglasien bewachsen, die aus der Sicht des Erntewegs das Landschaftsbild markant prägen.Das Planungsbüro mißt  den Douglasien keinen besonderen ökologischen Wert zu. Dem kann aus forstlicher Sicht eigentlich nicht gefolgt werden. Douglasien sind eine schnellwachsende Baumart und daher ein solider CO2-Speicher.

Die vorgeschriebene Ausgleichsfläche kann aus dem aktuellen Stand der Unterlagen nicht nachvollzogen werden.

Starkregenvorsorge und Abwasserentsorgung

Die Entsorgung des anfallenden Schmutzwassers wird durch Anschluss an den Kanal des Erntewegs erfolgen. Eine Kapazitätsprüfung des Erntewegskanals ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Bei der Behandlung der Widersprüche aus der ersten Offenlegung wurde bekannt, dass vor allem im Bereich der Teichwiese und der Schulstraße mit Problemen zu rechnen sei.

Oberflächenwasser: Dieses soll in einem Mulden- und Kanalsystem mit 2 Versickerungsmulden abgeleitet werden. Sollte ein Starkregen auftreten, wird gegebenenfalls über einen Überlauf das Wasser in den Erntewegskanal eingeleitet. Das ist kritisch zu sehen, da bei Starkregen auch im Ernteweg logischerweise reichlich Starkregen anfällt. Geplant wird das ganze so, dass das Versickerungssystem Starkregenereignisse bis zu einer 10jährigen Vorkommnis verarbeiten kann. Ob ein Starkregen, wie er alle 10 Jahre einmal vorkommen kann, die richtige Bezugsgröße ist, muss angezweifelt werden. In Wuppertal wird derzeit Hochwasservorsorge mit einem 50jährigen Starkregenereignis geplant.

Klimawandel: Worst Case Schlammlawine

Auf Seite 43 kommt erstmals der Klimawandel vor. „Das Gebiet weist keine besondere Gefährdung durch Naturkatastrophen aus“. Die Vergangenheit, für die das zutrifft,  ist auch nicht so interessant. Es ist typisch für die Starkregen, dass diese immer an unerwarteten Stellen auftreten. Monreal ist bisher durch häufige Starkregen oder andere Katastrophen nicht aufgefallen, hatte aber in jüngster Vergangenheit eine erhebliche, ja unglaubliche Starkregenkatastrophe erleiden müssen, Ein Starkregen mindestens der 50Jahre-Klasse. Oder Stromberg. Oder die Schlammlawinen in Nickenich.

In der Tat stellt das Planungsbüro einen realistischen Worst Case vor: „Den Worst Case würde ein Starkregenereignis nach dem Pflügen der Ackerflächen hangaufwärts bei entsprechender Abschwemmung von Oberboden darstellen. Auch hierfür sind Grabenanlagen im Plangebiet entlang der Höhenlinienverläufe vorgesehen,“

Die Äcker oberhalb des Martinswaldes haben eine Fläche von ca. 30 Hektar. Bei 50 mm Niederschlag sind es 1500 cbm Wasser, die nach unten rauschen. Das Fatale am Starkregen ist, dass die Niederschläge in extrem kurzer Zeit fallen. also innerhalb weniger Stunden. Nachdem Starkregen erst in jüngster Zeit und allerdings häufig auftreten, ist der Vergleich mit der Vergangenheit nicht begründet.

Die Starkregen beziehen ihre Gefährlichkeit aus der Tatsache, dass die Niederschläge innerhalb kürzester Zeit auftreten. Das ist das neue, ungewohnte Phänomen.

Die vorgesehenen Grabenanlagen sind nicht näher definiert. Nachdem das Planungsbüro die Gefahr angesprochen hat, sind die fein heraus („Wir habens ja gesagt“) Hier müssen vor der endgültigen Genehmigung Unterlagen und Fakten auf den Tisch. Und zwar nicht nur für einen 10-Jahres-Starkregen. Eines ist klar: Der Klimawandel ist erst am anfang. Wir müssen in der Zukunft mit wesentlich stärkeren Starkregen rechnen. Eine verantwortungsvolle Politik muss die Gefahren der Zukunft einbeziehen.

Verkehrsbelastung Sonnenhang/Eichenweg

Der Verkehr aus dem Baugebiet Martinsheim und aus dem Baugebiet Erweiteung Eichenweg/Sonnenhang soll über den Eichenweg und die untere Sonnenhangstrasse abfliessen, von da in den „Alter Beller Weg“.

Die beiden Verkehrsabschätzungen sind rein hypotetischer Natur. Sie basieren auf den 12 Jahre alten Hinweisen zur Schätzung des Verkehrsaufkommens von Gebietstypen; Hrsg.:Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen.

Verkehrsabschätzung Martinsweg: Hier geht das Planungsbüro von 63 maximal 185 Fahrten/Tag aus.

Verkehrsabschätzung Erweiterung Eichenweg/Sonnenhang: Dort wird von 93 Bewohnern mit maximal 401 Fahrten ausgegangen.

Insgesamt bekommt das bisherige Gebiet Sonnenhang/Eichenweg eine Belastung von zusätzliche 586 Fahrten.

Diese Schätzungen dürften eher zu niedrig sein. Die Mobilität hat in den letzten 12 Jahren erheblich zugenommen. Insofern dürften die zitierten Schätzungshinweisen nicht mehr zeitgemäß sein. Der Planer geht auch für das Gebiet Martinsheim davon aus, dass dort ein geringeres Verkehrsaufkommen entsteht, weil bei den dort erwarteten Senioren keine Wege zum Arbeitsplatz anfallen. Dagegen muss gehalten werden, dass Senioren heute eine erheblich größere Mobilität aufweisen, dies gilt ganz besonders für jüngere Senioren, aber auch für ältere. Die Senioren kompensieren den Wegfall der Arbeitszeit mit einer Vielzahl kleinerer Aktivitäten. Dadurch ist mit wesentlich höheren Fahrtzahlen zu rechnen. Verteilt man die neu anfallenden Fahrten auf 12 Stunden, kommen auf der Basis der vorgelegten Verkehrsschätzungen knapp 50 Fahrten pro Stunde zusammen. Berücksichtigt werden muss allerdings, dass der Verkehr nicht gleichmässig auftritt, sondern zu gewissen Zeiten gehäuft auftritt.

Die Straßen im Sonnenhang und im Eichenweg, aber auch im „Alter Beller Weg“ sind vom Querschnittt her für die Aufnahme eines solchen Durchgangsverkehrs nicht geeignet. Für einen Begegnungsverkehr sind die Straßen zu schmal.

Wegen der Tendenz zu breiteren Pkw’s werden ja landauf-landab in den Parkhäusern aus 3 Parkplätzen 2 gemacht. Viele der neuen Pkw’s dürfen in Baustellen auch nicht mehr die Überholspur befahren.

Ältere Autofahrer neigen auch dazu, vorzugsweise extrabreite SUVs zu fahren, weil die eine altersgerechte Einstiegsbreite aufweisen. Auch muss berücksichtigt werden, dass das Baugebiet für „gutsituierte“ ältere Bewohner gedacht ist. Dort dürfte dann auch die Kapitalkraft für teure SUVs vorhanden sein. Ein Porsche Cayenne hat eine Breite iccl. Spiegel von 216 cm, ein BMW X1 von 204 cm.

In den nächsten 20 Jahren wird die Mobilität und die Zahl der Fahrten noch erheblich zunehmen.

All das wurde bei den Einschätzungen nicht berücksichtigt.

Aus der Sicht des Gemeinwohls kann das Verkehrsaufkommen nur durch eine dauerhafte Verkehrsanbindung an die nahegelegene L120 bewältigt werden. Es geht dabei um ca, 350 m Straße. Da ohnehin eine temporäre Straße zur L120 geplant ist, um den Baustellenverkehr aus den Wohngebieten herauszuhalten, dürfte der Mehraufwand für eine dauerhafte Straße vertretbar sein.

Besonders gefährdete Nachbargrundstücke

Die letzten drei Häuser im Ernteweg mit den Hausnummern 94, 92, 90 sind besonders betroffen:

Sichtschutz: die geplanten neuen Häuser liegen direkt oberhalb dieser Häuser. Dadurch werden unerwünschte Einblicke möglich, die die Privatsphäre der betroffenen Bewohner stark beeinträchtet. Im Bebauungsplan ist daher ein speziell blickdicht zu beflanzender 5 m breiter Streifen oberhalb des Grundstückes 94 vorgesehen. Hier ist noch Klarstellungsbedarf  hinsichtlich einer dauerhaft wirkenden blickdichtigen Sichtschutzbeflanzung. Für die andern Häuser soll ein Waldstreifen erhalten bleiben.

Bei der Beratung der Widersprüche würde die Notwendigkeit eines Bodengutachtens angesprochen. Dieses sollte erstellt werden, um Klarheit zu bekommen bezüglich der Hangstabilität. Diese wurd jetzt durch den Waldbestand oberhalb erreicht. Da der Wald abgeholzt werden wird, besteht die Gefahr, dass der gesamte Hang oder Teile davon abrutschen. Ein solches Gutachten, das auch die Maßnahmen beschreibt, fehlt bei den Unterlagen.